Ein Arzt behandelt das Kind eines bekennenden Nazis, dieser trägt eine „schwarze Sonne“ im Nacken. Der Arzt zeigt sich empathisch der seelischen Belastung des Vaters gegenüber. Der Vater und sein Kind verlassen das Krankenhaus.
So simpel sind die Rahmenbedingungen, die die Stadt Ulm in einer ersten Reaktion als „Mutige Auseinandersetzung mit einem tabuisierten Thema“ bezeichnet. Sie bezeichnet das „Umdenken des Neonazis“ als „Kernaussage in dieser Szene“.
Was aber sehen wir? Einen Arzt der ein Kind behandelt, ungeachtet der Ideologie des Vaters. Einen Arzt der auf eine Hilfe suchende, stark belastete Person eingeht. Wir sehen keine Person die sich ändert, wir sehen keinen Rechtsextremen, der – ein Jahr, 3 Jahre, 5 Jahre später – ein anderer Mensch ist. Der nun im privaten Umfeld mit dem „Muslim“ zusammen sitzt oder sich von der radikalen Szene gelöst hätte und dies ebenso deutlich durch eine Cover-Up Tätowierung zur Schau stellt.
Das ist KEINE kritische Auseinandersetzung mit einem „tabuisierten Thema“, das ist überhaupt keine Auseinandersetzung mit dem Thema sondern eine normalisierende Darstellung eines rechtsextremen Menschen in einer emotionalen Ausnahmesituation.
Wir möchten an das Leben eines realen Arztes in der Zeit des Nationalsozialismus, der seit 1891 in Ulm praktizierte erinnern.
„Dr. Ludwig Hecht (* 14. Oktober 1866) war praktischer und Armenarzt bis ihm von den Nationalsozialisten die Approbation entzogen wurde.
Über das Ghettohaus in der Ensingerstr. 3 und das jüdische Altersheim im Oberstotzinger Schloss kam er am 22. 8. 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt, wo er am 21. Januar 1943 an Unterernährung starb.“
Ein Arzt, der auch für die ärmsten Ulms einstand, wurde deportiert und ermordet.
Dass die Stadt Ulm, oder die Produktionsfirma absichtlich geschichtsvergessen entschieden hat wollen wir uns nicht vorstellen. Wir sind jedoch erschrocken darüber, dass eine derartige unkritische Auseinandersetzung, ein „Darstellen bekennender Nazis“ als normaler, akzeptierter und am Ende sogar angesehener (siehe die lächelnde Nonne) Teil der Gesellschaft in Ulm dargestellt wird. Jegliche Kritik daran wird weiterhin schlichtweg ignoriert oder als „Empörungsgesellschaft“ bezeichnet. Das haben die Opfer rechter Übergriffe nicht verdient.
„Hier ist keine Expertenkomission sondern ein klarer Standpunkt gefragt. Dass in der Stadt der Geschwister Scholl, ernsthaft darüber diskutiert werden muss, ob rechtsextreme Symbole in einen Imagefilm passen, ist unfassbar.“, schließt Anja Hirschel.
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